“Vorbild werden”

Wachstum und Nachhaltigkeit, geht das zusammen?

17.08.2017
“Vorbild werden”

Kinder wachsen auf, aber meist in eine Art Konformität, die gesellschaftlichen Mustern und Vorstellungen entsprechen und messbar sein soll.
Gleiche Noten für alle. Dann aber doch, um zu unterscheiden und zu vergleichen?
Mir ist nach wie vor unklar, wie ein Kunstlehrer, Bilder von Kindern, als Ausdruck und Fantasie ihrer Originale vergleichen und beurteilen bzw. benoten soll? Also ist solch ein Beurteilungssystem wieder angelegt auf den Vergleich und ein Gegeneinander.
Einstein sagte bereits:
“Jeder ist ein Genie! Aber wenn Du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist.“
Jungen Menschen sollten also Räume eröffnet werden, um Leidenschaft zu entwickeln, auf dem Weg in ihre Leben mit vielfältigen Berufungen und zur Förderung ihrer Originale.
Wenn aber nur noch Zahlen und Statistiken die Grundlage für gesellschaftliche Maßstäbe sind und menschliche Werte verloren gehen, dann ist Wachstum nur eine Worthülse ohne Substanz.

Im Sport zählt bekanntlich auch meist nur der 1.Platz.
Jeder kennt die traurigen Bilder nach einem großen Finale, wenn die Zweitplatzierten ihre Medaillen obligatorisch um den Hals gehängt bekommen, diese von den meisten jedoch gleich wieder abgenommen werden, weil sich niemand mit dem Ausgang der Entscheidung (dem momentanen Ergebnis) zufrieden geben kann oder will.
Ein Phänomen in der Sportpsychologie ist auch, dass ein Dritt- Platzierter (BronzemedaillenGEWINNER) glücklicher sein soll, als der, der die Silbermedaille umgehängt bekommt, weil er oder sie das letzte und entscheidende (kleine) Finale gewonnen haben.
Es ist demnach also besser, mit einem Erfolg aus einer Performance zu gehen, als mit einer Niederlage. Jedenfalls, für den Gemütszustand.
Das sagt möglicherweise nicht viel über das individuelle Wachstum aus. Beweist aber ein weiteres Mal, dass die wahrscheinlich höhere Prämie für den Zweiten, nicht das echte Glücksgefühl des Drittplatzierten nach dem Erfolg überdecken kann.
Darüber hinaus wird niemand gerne gleich einem trauernden Unterlegenen zurufen wollen: “Du bist aber gerade extrem gewachsen!”.
Ein Ergebnis hängt somit auch sehr stark davon ab, wie es subjektiv empfunden wird und welche Erwartungen vorher aufgestellt wurden bzw. wie die definierten Ziele aussahen.
Das heißt, dass wir in diesem Sinne, Erfolg von Leistung entkoppeln müssen.
Ein Team kann gute Leistungen erbringen und trotzdem keinen Erfolg haben, es sei denn der Erfolg wird in der erbrachten Leistung selbst (an)erkannt.
Dabei spielt wohl die gesellschaftliche und persönliche Erwartungshaltung eine erhebliche Rolle, also auch die Kultur, in der, und nach der die Leistung beurteilt wird.

Soweit sind sich vielleicht auch fast alle einig, aber wenn man nun Erster ist und keine Herausforderung hat, dann kann sich das Wachstum halt immer nur noch an den eigenen Leistungen orientieren.
Auf die Dauer kann das eben auch zu Stagnation führen, und wehe man überbietet sich nicht jedes mal selbst!?

Da liegt es nahe, dass an einem bestimmten Punkt, wenn man nur darauf getrimmt ist, den Rekord stetig überbieten zu müssen, wie es auch im Sport passiert, zu verbotenen “Substanzen” gegriffen wird.
Wie viele Weltrekorde kann ein Usain Bolt laufen, wenn er alle trainingsoptimierenden Maßnahmen die es gibt, ausgeschöpft und umgesetzt hat, ohne auf leistungserhöhende Substanzen zurückgreifen zu müssen?
Jeder Trainer wird jetzt sagen, niemand wird jemals alle trainingsoptimierende Maßnahmen in der Gesamtheit umsetzen können, denn das wäre Perfektion.
Genau da liegt aber das schlummernde Potential.
Bekanntlich trainieren Top Sportler in fast allen Sportarten in ähnlicher Weise und mit nahe zu gleich extremer Intensität.
Den Unterschied macht, wie so oft, die mentale Stärke aus. Zum Teil wird angenommen, dass die Psyche einen Anteil von bis zu 80% einnehmen kann und somit entscheidend für den Großteil des Ausgangs von sportlichen Wettbewerben ist.
Außerdem wissen wir heute auch, dass wiederum körperliche Faktoren umgekehrt einen Einfluss auf die Psyche haben können.
Es kommt also darauf an, smart zu trainieren, dass heißt, nachhaltig zu trainieren, also so, dass am besten ganz viel von dem, was trainiert wurde, bzw. was verbessert werden soll, hängen bleibt, gelernt und jederzeit abgerufen werden kann.
Worin liegt also die Essenz des Wortes Wachstum?  
Wachstum ist nach meinem Verständnis etwas “Eigenes” und nichts, dass für Vergleiche herhalten kann. So unterschiedlich Menschen und Unternehmen sind, so verschieden kann auch deren Wachstum definiert werden. Es ist Weiterentwicklung, neu Erlerntes, Erkenntnisse und eine Verbesserung im qualitativen Sinne.
Reine quantitative Erhöhung ist einfach, dazu braucht man nur in ein Fitness Studio zu gehen und sich die Pumper mit den dicken Oberarmen anzuschauen oder man färbt Statistiken schön.
Das ist oberflächlich und erstmal nichts Besonderes.
Optisch zwar gut zu vermarkten, weil sichtbar, sagt aber noch lange nichts darüber aus, wie das Potential auch ein- bzw. umgesetzt wird.
Die Alternative zu Zeiten, Weiten und Punkten, wäre ein Wachstum in anderer Form.
Als Persönlichkeit, als Vorbild, als jemand, der nicht nur Marken setzt, sondern auch nachhaltig agiert und für etwas eintritt.

Obwohl Bolt diesmal ohne Goldmedaille blieb, und die Erwartungen der Leute und seine eigene nicht erfüllen konnte, hat er vielleicht einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Sein Fokus hat sich womöglich in den letzten Monaten, nachdem er entschieden hatte, aufzuhören, verschoben. Das allein könnte den Ausschlag gegeben haben, dass es diesmal “nur” zu Bronze über 100 Meter reichte und im Staffelfinale der Körper plötzlich gestreikt hat.
Mohammed Ali”s, Erfolgsrezept im wohl berühmtesten Boxkampf aller Zeiten im “Rumble in the Jungle“ von Kinshasa gegen Forman, wurde nicht nur von seinem Trainer Dundee, sondern auch von seinen Gegnern, als leichtfüßig und agil bezeichnet.
Vor allem bescheinigten alle, dass Ali, der den Kriegsdienst in Vietnam verweigerte, ausgesprochen clever boxte und vor allem, keine Angst kannte.
Das sind vielleicht die Eigenschaften, die man auch in Unternehmen wiederfinden können sollte.
Forman selbst, der zu diesem Zeitpunkt als der stärkste Boxer galt, als Kraftpaket und Maschine, hat den Sieg von Ali als den “Triumph des Hirns über die Kraft” betitelt.
Ali hat mit seinem Stil ein Stück weit sogar auch das gesamte Schwergewichtsboxen weiterentwickelt.
Demnach wäre zu beleuchten, wie gut die Umsetzung des Potentials ist, dass man sich mit Fleiß aneignen kann.

Das Kapital eines Sportlers ist, außer seinem Körper und der sportlichen Leistung, die Persönlichkeit und Strahlkraft.
Im besten Fall schaffen es Athleten, sich selbst als Marke zu inszenieren. Meist auch ein Stück weit abhängig, von der Popularität der Sportart.
Aufgrund der kurzen Halbwertzeit von sportlichen Karrieren, müssen sich die Aktiven bei Zeiten, um ihre Ziele nach der Karriere kümmern, was sie wiederum im Fokus auf die Karriere hemmen kann.
Die sportlichen Ergebnisse machen einen vielleicht zum Idol, aber auch dort muss Wachstum nicht zu Ende sein.

Als Mohammed Ali älter wurde, lag seine Arbeit fast ausschließlich darin, eine Art Vermächtnis zu begründen. Das heißt, sich für etwas einzusetzen und etwas Nachhaltiges hinterlassen zu wollen, was anderen Menschen helfen kann.
Das macht jemanden letztlich eher zur Legende, als nur ein temporärer Erfolg.
Es ist das Gesamtbild, sozusagen unser Fußabdruck in diesem Leben.
Eine schöne systemische Frage geht genau darauf ein: “Welches Vermächtnis willst “Du” der Welt einmal hinterlassen?”
Wofür steht man als Persönlichkeit und nach welchen Werten leben wir?  

Somit rücken an dieser Stelle die Werte, insbesondere die Nachhaltigkeit wieder in den Fokus.
Nun sagen sicher einige, solch eine Position muss hart erarbeitet werden und mit Leistung und Ergebnissen gefüttert.
Das mag schon so sein, man hat aber trotzdem ein Stück weit auch die Wahl, mit welcher Haltung man sich selbst und anderen gegenüber tritt, und wie man wahrgenommen werden will.
Ein besonderes Beispiel dafür ist für mich die charakterliche Entwicklung eines Roger Federer, vom Choleriker und Überehrgeizling zum absoluten Profi mit Fokus und Herz.

Dieses Phänomen zeigt sich aber auch in der nicht selten zu beobachtenden Wertschätzung von Menschen, die trotz widriger Umstände, etwas erreichen und auch ohne ruhmreiche, “erwartete” Leistung zu gewisser Anerkennung gelangen.
Im Sport wären das Beispiele, in der ein Idol seinem kindlichen Fan trotz Sicherheitsabsperrung ein Trikot überreicht, der Vater seinen gestrauchelten und zutiefst erschütterten Sohn beim olympischen Rennen schultert und bis über die Ziellinie hilft, oder wenn ein Fair Play Preis ausgesprochen wird, weil Menschen mit Charakter in dieser Situation, der wirklich sportliche Geist einfach wichtiger war, als der ungerechtfertigte, missverständliche Vorteil durch ein Schiedsgericht.
All diese Beispiele zeigen andere Größen, als nur messbare Leistungsergebnisse.
Sie basieren auf menschlichen Werten von Mitgefühl und Respekt.
Sind das nicht auch denkbare Größen, an denen eine Gesellschaft und Unternehmen ihr Wachstum beurteilen sollten?
In dieser Perspektive gehen Wachstum und Nachhaltigkeit miteinander einher.
Es gibt erfreulicherweise einige Beispiele und Projekte, die auf diesem Wege mit ehrlich gemeinter, agiler Transformation auch die Arbeitswelt erfolgreich positiv verändern.

"Ein kleiner Unterschied im Ansatz, ein riesen Schritt in der Praxis"

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