"Vorsätzlich Agil"

Stabilität und Café

01.05.2018
"Vorsätzlich Agil"

Extrem wird dieser Gedanke, wenn man über Atomkraftwerke, Waffenherstellung, Müllvermeidung und -entsorgung oder ähnliche Fragen spricht.

Das Bewusstsein der Folgen unseres Handelns spielt eben auch in anderen Bereichen des Lebens und der Arbeit eine bedeutende Rolle.
In Bezug auf die agile Arbeit würde ich mich ganz entschieden gegen den Schuldbegriff stellen, denn genau dieser juristische Ansatz, macht die Arbeit von systemischen und agilen Coaches so schwer.

In vielen Unternehmen herrscht noch immer eine Kultur, die von Schuld spricht, und nicht davon, dass die exzellenten Experten, für die man sich entschieden hat, das Beste geben und man darauf auch vertrauen kann und will. Im Zweifel ist dann eben das Personalmanagement “schuld”, wenn es nicht läuft, wie gewünscht. Abgesehen vom Strafrecht, ist der Schuldbegriff demnach nicht besonders nützlich bzw. förderlich.

Wir fragen da besser nach der Intention, also warum tun wir etwas, und sind wir uns der Folgen bewusst.
Vor allem für Entscheidungsträger und Führungskräfte in Unternehmen ist es wichtig zu beleuchten, ob man (das Unternehmen & seine Mitarbeiter) mit den möglichen Folgen leben kann? An dieser Stelle soll ebenfalls hervorgehoben werden, dass auch Verantwortlichkeiten für Entscheidungen nicht an Schuld festzumachen sind.
Besser wäre es natürlich, wenn man sagen kann, die Folgen sind gewünschte Resultate von bewussten Entscheidungen, die auf das primär gesetzte Ziel einzahlen und nur manchmal verfehlen sie das Ziel. Bleibt immer noch ein Erkenntnisgewinn.   
Diese Betrachtung führt uns geradewegs zu dem Konzept der ‘Cost of Delay’, der Verzögerungskosten.  
Demnach sollte Entscheidungsträgern in Organisationen klar sein, welche Folgen oder Mehrkosten auftreten, vor allem durch Entscheidungslosigkeit, immer mehr begonnener, aber nicht fertig gestellter Arbeit, durch zentrale Entscheidungen, die nicht auf Feedback und Lernen basieren, oder durch nachgelagerte, notwenige Ausbesserungen oder Änderungen in der Priorisierung und im Scope. Ganz zu schweigen vom Impact, den instabile Teams auf die Entwicklung haben.
Was genau also bedeutet es, wenn wir diesen oder jenen wichtigen Schritt im Prozess nicht tun oder eine Entscheidung nicht treffen. Sollte man Abstriche machen und sind diese so dann auch ok, gewollt, oder zumindest von den Führungskräften getragen?

Der Faktor Stabilität wird oft missverstanden und als nicht agil bezeichnet, ist aber eines der wichtigsten Bausteine für Organisationen in eine agile Transition. Im Sport ist diese Erkenntnis bereits eine unumstößliche Stärke.

Große Erfolge basieren dort häufig auf der Eingespieltheit des Teams, der großen Erfahrung und dem fast blinden Verständnis der Kollegen untereinander.

Je eher die Entwicklung in Unternehmen mit einer halbwegs stabilen Struktur (nicht zu verwechseln mit starr- hier wieder mit Blick auf Mindset, Werte & agile Prinzipien zu betrachten) in den Teams und den angelagerten, abhängigen Bereichen kommt, desto eher kann iterativ gearbeitet, gelernt u. verbessert werden. Dabei ist es (Dank eines sehr wertvollen Austausches mit einem PO aus einem aktuellen Projekt noch einmal sehr bewusst geworden…) besonders wichtig, dass aus Sicht des Managements, der Unterschied zwischen Output und Outcome klar gemacht wird, denn für die Business Seite sind die Ziele und der "Kunden-"Nutzen der Entwicklung häufig anders gelagert, als die der Product Owner, welche sich im Resultat als gut beschriebene Backlog Items für das Produkt und verständlich für alle an der Lösung involvierten Entwickler niederschlagen und widerspiegeln sollten.
Darin besteht wohl die größte Herausforderung. Prozesse sind an der Stelle kein Allerheilmittel, wenn das Verständnis bzw. das Mindset dafür nicht gegeben ist. Es ist aber Grundvoraussetzung für jegliche Form von agilen Prozessen.
Somit steht an dieser Stelle erneut die Frage, warum machen wir das? Dank an Simon Sinek und "Start with why!" .

Ein Beispiel:  Bei Cafe’s und den ‘Coffee to go’ - Bechern geht's schon los.

none

Es ist alles eine Frage der Intention. Was will ich mit meiner Entscheidung bezwecken. Was ist genau der Grund der Entscheidung.
Wenn man diesen kennt, wird vieles klarer. Entscheide ich mich als Cafe Betreiber dazu, wiederverwertbare Cafe Becher ins Sortiment zu nehmen, was ja erstmal für ein Gastro Unternehmen nicht unbedingt zum Hauptgeschäft zählt. Man macht es wohl, um den Kunden die Möglichkeit zu geben, diesen Plastikbecher immer wieder zu verwenden (vielleicht auch Werbung & Kundenbindung?) und weniger Pappbecher (meist ja auch beschichtet) im Müll landen zu sehen? Ist es also der Aspekt Umweltschutz, den man unterstützen möchte, wobei man da berechtigter Weise fragen darf, warum die Becher dann wieder aus Plastik sein müssen? Die andere Frage ist, werden diese Becher wirklich regelmäßig wieder verwendet oder landen auch diese über kurz oder lang im Schrank oder schlimmer noch, ebenfalls im Müll, wie die Pappkollegen?

Hat der Café Betreiber vielleicht auch nur eine neue Chance erkannt, ein weiteres Produkt profitabel zu verkaufen. Verdenken kann man es niemandem. Was jedoch mit den Bechern in der Folge passiert, scheint wieder einmal egal zu sein. Das wäre dann wahrscheinlich eher grob fahrlässig. Die Intention ist auch klar und ganz sicher nicht dem Umweltschutz gewidmet.
Nun kann der Herr Betreiber wiederum berechtigter Weise auf die individuelle Verantwortung jedes Einzelnen abstellen. Stichwort Selbstorganisation, oder Menschen könnten sich wieder die Zeit nehmen, um den Kaffee einfach im Café, aus der Tasse zu trinken. Ist wahrscheinlich eh gesünder. Also Entschleunigung wäre da die Lösung.
Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass es Personen, Unternehmen oder Organisationen in der Hand haben, ihre Kunden, zumindest einen Teil des Weges bewusster zu machen, und positiv zu beeinflussen, oder zumindest zu informieren, was das Handeln für Folgen haben kann. Es geht also irgendwie auch wie bei den Juristen um Fahrlässigkeit und Vorsatz. Man sollte zumindest nicht grob fahrlässig unterlassen, zu informieren, aber agil werden, sollte man am Besten vorsätzlich.

Einfacher wird es für unseren Cafe Betreiber, wenn eine solche Chance für zusätzliche Einnahmen, idealerweise auch ohne schwere Erziehungsmaßnahmen, dem Umweltschutz zugute kommt. Dafür bräuchte es aber höchstwahrscheinlich einer etwas genaueren Recherche und dem entsprechenden Mindset, dass über den Geschäftsgedanken und das Geld verdienen hinaus geht.
Das die Recherche statt gefunden hat, wollen wir einmal annehmen, allerdings wollen oder können die meisten dies gar nicht leisten.
Deshalb wäre es hilfreich, wenn sich an der Stelle jemand verantwortlich fühlt, der die Menschen zumindest daran erinnert, den Becher wiederzuverwenden oder einfach aus einer Tasse zu trinken. Im weitesten Sinne ein Scrum Master, der den Fokus auf die positive Intention und den Output lenkt. Outcome wäre dabei wahrscheinlich mittel- und langfristig, dass die Kunden zufrieden sind bzw. bleiben und gleichzeitig die Umwelt schonen, also auch etwas Positives für kommende Generationen tun.

Daher liegt es auch beim Produzenten oder den Gesetzgebern (der Judikative), die richtigen Rahmen zu setzen und eine Entscheidung so einfach und verträglich wie möglich zu machen. So, wie die Product Owner, die mit einer klaren Vision und definierten Zielen die richtigen Rahmen setzen.
Das heißt aber in heutiger Zeit und aus moderner Sicht auch, nicht nur auf monetäre Vorteile beschränkt zu sein, sondern alle Blickwinkel und Einflussbereiche (wie Umweltfaktoren) mit in Betracht zu ziehen. Darin liegt die große Verantwortung für alle, die zukunftsorientiert arbeiten und handeln wollen, oder denken, es zu tun.
Zukunft heißt nicht, in der Ferne liegende Situationen im Fire fighting Modus zu managen oder nur darauf reagieren zu können, sondern vorausschauend, lösungsorientiert und bewusst darauf hin zu arbeiten. Also verantwortungsvoll mit Ressourcen für kommende Generationen und Mitmenschen umzugehen. Nun versteht unter Ressourcen jeder etwas Anderes. Vielleicht hilft an der Stelle auch die Klärung der Begrifflichkeit.

In der ursprünglichen Herkunft des Wortes sind ‘Mittel’ oder ‘Quellen’ gemeint. Der Duden spricht wiederum von ‘Bestand’.  
Ressourcen können materielle und immaterielle Güter sein, wohl aber nicht die Menschen selbst, auch wenn es in der Betriebs- oder Volkswirtschaft und im Personalmanagement leider immer noch häufig so definiert wird. Vielmehr können Menschen, nach der soziologisch - psychologischen Definition Ressourcen einsetzen oder nutzen. Diese sollte man fördern und wertschätzen, wenn sie für fremde Interessen und Unternehmen eingesetzt werden (sollen). Sie sind aber nie unerschöpflich, wie auch bei Bodenschätzen.
Bei Mitarbeitern sprechen wir deshalb von Kapazität, in der sie ihre Ressourcen einbringen können.
Wenn man der jüngsten Umfrageergebnisse des statistischen Bundesamtes glauben darf, sind bis nahezu 90% der Menschen in Deutschland mit ihrer Arbeit zufrieden. (https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-04/statistisches-bundesamt-deutschland-arbeit-zufriedenheit-arbeitnehmer) Wohlgemerkt zufrieden, und das mit ihrer Tätigkeit. Es sagt nicht viel über andere Faktoren oder die genauen Bedingungen aus, aber es ist offenbar ein positiver Trend. Schön wäre es, wenn Menschen lieben würden, was sie tun. Dahin ist es vielleicht noch ein Stück Weg.
Die Grenzen der Kapazitäten zu (er-)kennen und sie nicht ununterbrochen zu übertreten, ist diesbezüglich ein erster Schritt, der auf einen bewussteren Umgang mit den Mitarbeitern deutet und er vermeidet womöglich die steigende Burnout Statistik in unseren Unternehmen. Dies wirkt sich meist mittel- und langfristig, positiv auf die Organisationen aus.

Die Kapazität der Mitarbeiter frei zu räumen, um den bestmöglichen Einsatz und die Entfaltung aller Ressourcen und den Fokus auf die Kernkompetenzen zu ermöglichen, ist Aufgabe von modernem Management mit der Unterstützung von agilen Coaches.

Deshalb empfehle ich, gerade in digitalen Unternehmen, auch Regeln für die Unerreichbarkeit der Mitarbeiter festzulegen und die freie Zeit wirklich zur Regeneration zu nutzen.
Was aber nicht heißt, dass es mit starren Arbeitszeitgesetzen getan wäre.
Manch einer arbeitet besonders gut und gerne außerhalb der üblichen Bürozeiten, sei es dass sie spät einschläft, oder erst nach 20 Uhr die kreativsten Phasen und Ideen hat, oder er die Kinder morgens in die Kita bringt.
In agilen Projekten läuft zumeist alles über gemeinsame Abstimmungen.
Will man diesen Leuten heutzutage ernsthaft noch vorschreiben, wann sie im Büro zu sein und wie sie ihr Arbeitsleben zu organisieren haben? Ich erinnere mich an meine Sportler Karriere, die Bedürfnisse der einzelnen Spieler einer Top Mannschaft waren so Grund verschieden. Der eine fühlt sich leistungsbereiter, wenn er nicht viel geschlafen hat, vor dem großen Spiel, und die Muskulatur nicht zu ausgeruht ist. Die nächste braucht vorher eine Reiki Session und noch ein Anderer muss zusätzlich Stress abbauen.

Die Flexibilität der Arbeitszeit kann im Gegensatz zu den jüngsten Diskussionen über Digitalisierung, Gewerkschaft und Arbeitsmarktveränderungen, auch als Chance begriffen werden, den individuellen Bedürfnissen der Menschen besser gerecht werden zu können, immer in Verbindung mit den notwendigen Werten und Prinzipien.
So kann auch Akzeptanz, Attraktivität und Vertrauen der Organisation wachsen.

Bleibt mir nur noch, allen einen schönen und vor allem erholsamen Feiertag zu wünschen, am Tag der Arbeit.

"Ein kleiner Unterschied im Ansatz, ein riesen Schritt in der Praxis"

über Konsent, Konsens, Sinn und Unsinn

Vor kurzem habe ich etwas mehr über Soziokratie und die interessante Methode für Entscheidungsprozesse in kollektiven Kreisstrukturen erfahren. Eines der entscheidenden Prinzipien dabei ist Konsent. Genau, Konsent und nicht Konsens, was zunächst sehr ähnlich zu sein scheint, vor allem wenn man auf das “Systemische Konsensieren” Bezug nimmt. Trotzdem gibt es einen kleinen aber feinen, und sehr bedeutenden Unterschied

Wein

"Agil einmal anders..."

Die Traube hing an einer Rebe, der Winzer fragte eines schönen Erntetages, wonach sie selber strebe.

“Consent, Consens(us) or Nonsense”

A small difference in the approach, one giant leap in the practice.

I recently learned more about Sociocracy and the very interesting method of decision taking processes in circle structured collective groups. One of the basic principle there is CONSENT. Yes, Consent not Consensus, which is similar, especially when we are referring to ‘Systemic Consensing’. Nevertheless there is a small but important difference.

"Kein Fingerzeigen mehr"

über Verantwortung in Organisationen und was es bedeutet

Wenn wir über agile Entwicklung und Transformation in Organisationen sprechen, dann neigen wir dazu, den “Neuen Weg des Zusammenarbeitens” nur als neu gewonnene Freiheit zu erkennen, die wir bekommen, um Probleme zu lösen, zu einem gemeinsamen Verständnis und zu Entscheidungen zu gelangen und um wirkliche Werte zu schaffen. Dabei vergessen wir gerne, dass all das, auch mehr Verantwortung für jeden Einzelnen bedeutet. Fast in jeder Arbeitsorganisation hört man Beschwerden von Mitarbeitern über die Chefs und Manager, und welche schlechten Entscheidungen getroffen werden. Doch was passiert, wenn die Menschen, die solche Aussagen treffen, ihre eigenen Entscheidungen treffen könnten? Sie hätten keine Befehle mehr zu befolgen, sondern müssten anfangen, selbst zu denken, und Chefs würden nicht mehr länger zum Sündenbock gemacht werden können?

“Pfannkuchen oder Berliner?”

über Begrifflichkeit, Terminologien, Definitionen, Kundenwünsche und Verständnis

Den Input für das heutige Thema gab eine nette Verkäuferin einer bayerischen Bäckerei, bei der ich einen Pfannkuchen bestellte. Sie lachte und fragte: “Sie kommen sicher aus der Berliner Gegend!?” Ich war erst erstaunt, dann habe ich den sinnbildlichen Hut gezogen, denn allein die Frage lässt erkennen, das die Frau wertvolle Erfahrungen gesammelt hat und sich mit Menschen oder zumindest mit unterschiedlichen Bräuchen, mit Sprache, Mentalitäten und Begriffen auskennt.