"Ein kleiner Unterschied im Ansatz, ein riesen Schritt in der Praxis"

über Konsent, Konsens, Sinn und Unsinn

07.11.2019
"Ein kleiner Unterschied im Ansatz, ein riesen Schritt in der Praxis"
  • Konsens heißt soviel wie, die Entscheidung ist getroffen, wenn ein JEDER voll umfänglich zustimmt bzw. sein Einverständnis gibt.  

Der Vorteil von Konsens ist, dass es dabei helfen kann, ein gemeinsames Ziel zu definieren, bei dem Verantwortung und eine gewisse Verpflichtung der Beteiligten einer Gruppe gefragt und notwendig ist.

  • Konsent bedeutet dagegen, die Entscheidung ist dann getroffen, wenn nichts dagegen spricht.

Scheint immer noch ähnlich?

Ein kleiner Unterschied im theoretischen Ansatz kann einen riesen Unterschied in der Praxis bedeuten.

Der Nachteil der Konsent Methode in Kreisstrukturen ist, das sie nicht in hierarchischen Gebilden funktioniert, und somit schnell dazu führen kann, dass Menschen “falschen” Konsent (vermeintlich nichts gegenteiliges zu einer Meinung äußern) geben, aus Angst vor den Konsequenzen der eigenen Meinung. Alte Muster in hierarchischen Organisationen arbeiten eben genau mit dieser Angst der Menschen und Mitarbeiter.

Was Konsent und Konsens im Ursprung aber auf jeden Fall teilen, ist die Bedeutung im Ausschlussverfahren.

Eine Entscheidung sollte demnach in beiden Fällen für die an der Entscheidung Beteiligten, Sinn machen und nicht kompletter Unsinn sein.

Die Kreismethode ist nur möglich, wenn ein höheres Ziel der Gemeinschaft bereits besteht und es sozusagen schon ein gemeinsamen Grund zum Handeln und Entscheiden gibt.
Genau das ist aber leider viel zu oft das Element, was fehlt, und was es so schwer macht, vor allem für einen erfolgreichen Prozess in der Geschäftswelt.

Einfach nur, nicht gegen eine andere Meinung zu sein, ist vielleicht nicht genug, um zu einer neuen und guten Entscheidung oder Lösung zu gelangen.
Deshalb kann es von Vorteil sein, um eine Meinung oder den vielbesagten Konsens zu ringen, vor allem, wenn individuelle Interessen aufeinander stoßen.
Das allein kann die wichtige Zutat für Innovationen sein.

Schauen wir einmal auf die Sprachwissenschaftliche Bedeutung:

  • Konsens von Consensus ist zusammengesetzt aus dem Wort ‘con’ = mit und ‘sense’ = Sinn. Mit Sinn
  • Konsent heißt soviel wie: zuzustimmen; einen Konsens zu formen durch Einigkeit, vielleicht in etwa erklärt als: ’WIR SIND UNS EINIG ALS EINS ZU AGIEREN, AUCH WENN WIR UNS NICHT EINIG SIND?!’

Der entscheidende Unterschied liegt im Verb:

  • Das Verb consentire (lat.) → la ”zustimmen“, ist zusammengesetzt aus einem Prefix con- “with” und dem Verb “sentire” → la
  • Sentire heißt soviel wie ‘fühlen’ oder ‘hören’, also kann man darunter auch verstehen als ‘mit jemanden zu fühlen’, oder ‘wirklich jemanden (mit Sorgfalt) zu hören’ - Das ist weiterführend auch übersetzt in der Verbindung zu ‘Harmonie'

Es ist bereits viel, jemandem zuzustimmen oder mit Sorgfalt zu hören, aber wenn man als notwendige Zutat für Konsent zusätzlich die Verbindung zur Harmonie oder zum Mitgefühl herstellt - was auch als Empathy zu qualifizieren wäre -, könnte das eine unglaubliche Veränderung im zwischenmenschlichen Umgang bedeuten.

Was für ein riesen Schritt in der Praxis! Überlegt man einmal, wozu unsere Gesellschaft im Stande wäre, und wo sie sich hin entwickeln könnte. Was für eine mögliche Transformation!?

Leider hat EMPATHIE zu oft keinen wirklichen Platz in der Geschäfttswelt oder zumindest in hierarchisch geführten Organisationen.

  • Aus diesem Grund macht es Sinn, dort erst um Konsens zu ringen und den Soziokratischen Ansatz mit dem Konsent - Prinzip in der Kreis Methode nur in modernen, lernenden und nicht - hierarchischen Organisationen anzuwenden, die mit Teams oder Communities agieren und bereits klare Ziele definiert haben. Nur dann und erst für wirklich wichtige und relevante Entscheidungen wird dieser Ansatz von Vorteil sein.  

Das größte Problem in Entscheidungsprozessen mit KONSENS ist das “Veto-“Recht, welches soviel heißt wie: “Ich verbiete!”, vor allem bei demokratischen Wahlen oder Abstimmungen.
Es führt regelmäßig dazu, dass ein Entwicklungsprozess einer Gruppe oder eine Entscheidung blockiert wird.
Das kann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, da die Meinungen und Wünsche oder Vorstellungen aller beteiligten “Parteien” oder Individuen sich fast immer unterscheiden, zumindest ein bisschen.

In nicht- hierarchischen Organisationen kann das zum ernsten Problem werden.

So hat die Gruppe dann folgende Optionen:

  1. weiter zu versuchen einen Konsens zu erzielen, und nichts zu entscheiden, dafür braucht es sicherlich einen erfahrenen Moderator, um voran zu kommen, und nicht paralysiert und handlungsunfähig zu werden
  2. nimmt man das Veto ernst muss der eingebrachte Vorschlag oder die zu treffende Entscheidung zurückgenommen werden, oder
  3. die Person mit dem Veto muss die Gruppe verlassen, was wiederum nicht wirklich demokratisch wäre oder zumindest nicht im Sinne eines Kollektivs oder der Idee des Veto Rechts ist

Falls keine dieser Optionen mehr möglich erscheint, ist die Gruppe gezwungen, zum üblichen Modus zurückzukehren, bei dem wieder die lautere Person oder die, in der höheren Position, die Entscheidungen für alle anderen trifft.

Es gibt aber auch Fälle, in denen das Veto Recht notwendig und wichtig für die Sicherheit der Allgemeinheit sein kann und deshalb seine Daseinsberechtigung hat.

So zum Beispiel bei bestimmten Strukturen in hierarchischen Systemen, die drohen sich zu verselbstständigen, und zur Vermeidung von Machtmissbrauch. Immer da, wo Menschen Angst haben, sich zu äußern oder aufgrund Ihrer Meinung verfolgt oder ausgeschlossen werden.

In einigen Fällen gibt es vielleicht so etwas wie einen sechsten Sinn, der nur schwer im selben Moment verbalisiert werden kann.

Der große Vorteil von Entscheidungen die durch die Kreismethode getroffen werden ist, dass sie auf den besten Argumenten basieren und nicht aus einer hierarchischen Position heraus.
Anders als beim Konsens ist ein Gruppenkollektiv oder Team damit nach wie vor in der Lage zu operieren und Entscheidungen zu treffen anstatt sich gegenseitig zu blockieren.

Ein kleiner Unterschied im Ansatz, aber eben ein riesen Schritt in der Praxis.  Es ist vielmehr als nur eine Methode, vielleicht eher eine Art Einstellung.

Nach dieser Sichtweise, sind Einwände eher als Geschenke des Einzelnen an die Gemeinschaft anzusehen. Außerdem kann jede Entscheidung wieder geändert oder verbessert werden, durch Feedback und empirisches Testen, welches wiederum sehr nah am Agilen Ansatz (Design Thinking & Prototyping)  angelehnt ist.

Heutzutage sollte professionelle Arbeit bestenfalls immer auf dem ‘Konzept von Konsent’ basieren, nicht auf Zwang. Leider ist Zweites aber in vielen Bereichen, nach wie vor viel häufiger die Realität.

Das Prinzip von Konsent ist die fehlende Zutat in fast allen gesellschaftlichen Bereichen, vor allem aber in Institutionen für Erziehung und lernenden Organisationen. Es beginnt bereits in den Vorschulen, dass Systeme und Lehrer Kinder erziehen, ohne dass Konzept vom Konsent zu kennen.

Wir wurden so ziemlich alle nach alten Mustern konditioniert. Wir haben gelernt, dass der physisch oder ökonomisch Stärkste die Regeln aufstellt, meist gegen unseren Konsent und nicht aufgrund besserer Argumente.  
Nur wenige sind in der Lage selbstreflektiert zu hinterfragen, ob ihre Argumente wirklich so gut sind, um nicht eine andere Option zumindest in Erwägung zu ziehen. Ich höre heute noch die Stimmen der alten Lehrer: “Sie müssen lernen, dass es nicht nach ihrer Nase geht…! Das Leben ist kein Ponyhof oder Wunschkonzert. Es ist nicht Eure Entscheidung!”

Wie traurig, dass das Leben nicht dazu da sein soll, sich Wünsche und Träume zu erfüllen.

Demnach bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass alle möglichen Systeme mehr über das Konzept von Konsent und den Konsens, als Basis unseres Umgangs und gemeinschaftlicher Entscheidungsprozesse, beim Lernen, Lehren und der Zusammenarbeit wissen sollten.

Wie es genau funktioniert möchte ich an dieser Stelle nicht ausführen. Dafür sollten eben Coaches oder Moderatoren engagiert werden, die Euch durch diesen Prozess begleiten.

Nur so viel: Es ist keine Frage von Mehrheit oder Quantität sondern es geht weiterhin um Inhalt. Dieser Prozess gibt den von einem Kollektiv getroffenen Entscheidungen, viel mehr Nachhaltigkeit und Relevanz.

Die Kreismethode arbeitet ähnlich dem agilen Rahmenwerk, bei dem Veränderungen Willkommen sind. Entscheidungen werden geprüft und wenn nötig, nach einer gewissen Probephase auch wieder angepasst oder geändert.
Es scheint als käme man so, einfacher und schneller zu guten Entscheidungen, bei denen jedes Mitglied des Kreises, welches unmittelbar durch die Entscheidung beeinflusst ist, auch eine gleichberechtigte Stimme hat, die gehört wird.

So kann jeder auch den anderen Argumenten und Meinungen entspannter zuhören, da Raum für jeden vorgesehen ist, um die eigenen Meinungen und Einwände anzubringen. Die Kreismethode erlaubt so ein organisiertes Zuhören, ohne das jeder wild durcheinander redet oder sich ins Wort fällt.

Dies kann einen enorm positiven Einfluss auf die Qualität der finalen Entscheidung haben.

Es kann ein sehr intensive Lernerfahrung für die gesamte Gruppe und jede(n) Einzelne(n) sein, aber es ist keine leichte Aufgabe, da es Einiges an Selbst-Disziplin von allen Beteiligten abverlangt. Eine durchaus erleuchtende Erfahrung.

Demnach ist es effektiver die bestmögliche Entscheidung im Moment zu treffen und diese dann im Laufe der Zeit weiterzuentwickeln, als nur ewig darüber zu diskutieren.

Konsens und Konsent können dabei helfen, Organisationen zu transformieren und ihre Mitglieder unterstützen, zu mehr Agilität und besseren Entscheidungsprozessen zu gelangen, da Alles, jederzeit wieder verändert bzw. verbessert werden kann.
Das kann sogar die Einstellungen beeinflussen und dabei helfen, eine alte und verstaubte Organisationskultur zu erneuern.

Als Person mit Führungsverantwortung in Euren Organisationen, liegt es nun an Euch, es auszuprobieren und für professionelle Unterstützung im Prozess zu sorgen.

 

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